«Ohrfeige für die deutsche Demokratie» -
Affäre Friedman versus Möllemann
Seit geraumer Zeit wurde der FDP-Vizechef Jürgen Möllemann von Michel Friedman
in öffentlich-rechtlichen Medien permanent als «Antisemit» beschimpft. Dies erfüllt
wohl den strafrechtlichen Tatbestand der Diffamierung. Kein deutscher Staatsanwalt hat
Friedman dafür vors Gericht zitiert, kein FDP-Ehrenvorsitzender oder
Fraktionsvorsitzender hat sich vor Möllemann gestellt.
Es ist nahe liegend, dass aggressives, arrogantes, ja geradezu provozierendes Verhalten im
Fernsehen bei Zuschauern negativ ankommt. Zweifelsohne muss sich jeder Zuschauer fragen,
ob sich Friedman seine ungebührlichen Ausfälle als deutscher Staatsbürger oder als
deutscher Jude leisten kann. Möllemanns Vorwurf war als gut gemeinte Warnung
nachvollziehbar und berechtigt. Warum und wofür hat er sich da entschuldigen sollen und
müssen? Wieso hat niemand Friedman aufgefordert, sich für seine provokativen Vorwürfe
des Antisemitismus und Rassismus bei der FDP, ja bei Deutschland und allen Ländern
Europas zu entschuldigen? Der Fall Karsli hatte ein Vorspiel in Tel Aviv, wo Yaffa
Yarkoni, eine berühmte israelische Sängerin, in einem Interview des israelischen
Militärradios den Einsatz der israelischen Soldaten gegen Palästinenser mit dem Vorgehen
der Nazis verglich und die Soldaten zur Dienstverweigerung aufrief. Nach ihrem
Radiogespräch wurde eine regelrechte Hetzkampagne gegen die preisgekrönte und
respektierte Yarkoni lanciert. Sie wird immer noch boykottiert und beschimpft. Im Prinzip
hat der heute in Deutschland umstrittene Jamal Karsli nur wiederholt, was die Grande Dame
der israelischen Musik so klar und deutlich sagte. Mit Yaffa Yarkoni haben sich weite
Teile der israelischen Friedenskräfte solidarisiert. Hingegen niemand mit Karsli. Wo war
die deutsche Friedensbewegung? Und wo waren die deutschsprachigen Medien, als es darum
ging, über diese wichtige Auseinandersetzung um Yarkonis Tabubruch den verpönten
Vergleich zwischen Nazis und Israeli zu berichten? Wenn nicht die zionistische Lobby,
hinderte dann die Selbstzensur oder die «Solidarität» der Demokraten sie daran, ihren
Informationsauftrag zu erfüllen oder einen Beitrag zur Friedensarbeit zu leisten? Die
ganze Kampagne gegen Möllemann ist unanständig und schäbig. Weder die FDP noch
Möllemann sind antisemitisch. Die Argumentationskette des Zentralrates der Juden in
Deutschland ist inakzeptabel. Der FDP-Bundesvorstand hat nach massivstem Druck aller
Medien Möllemann im Stich gelassen. Paul Spiegels Beharren auf im Voraus zu erfüllende
Bedingungen, seine ultimative Einmischung in FDP-interne Angelegenheiten, seine
Aufforderung zum «Aufstand der Demokraten» ist aber die schlimmste Beleidigung der
deutschen Liberalen seit 1945. Dies war eine offene Kriegserklärung an die FDP. Sie kann
als Ohrfeige für die deutsche Demokratie aufgefasst werden. Wie würden etwa die Medien
und Politiker in Europa und in den USA reagieren, sollte die FDP eine Kampagne gegen
Spiegel/Friedman starten und deutsche Bürger auffordern, vor der Berliner Zentrale des
Zentralrates der Juden in Deutschland zu demonstrieren? Unversöhnliche Drohgebärden von
dessen Präsidenten sind durchaus dafür geeignet, antijüdische Emotionen zu schüren.
Eigentlich sollte dies Paul Spiegel wissen. Oder tat er es gerade deswegen?
Paul Pichna, Liebefeld